Das Leben geht weiter

auch wenn mit dem 1. November eine Zeit beginnt, die dem Abschied und der Trauer gewidmet ist. Friedhöfe und Gräber werden hergerichtet, sogar in den Nachrichten erwähnt, denn sie sind an diesem Abend in ein Lichtermeer getaucht und werden durch den Besuch vieler Menschen zu einem lebendigen Ort. Den Rest des Jahres sind Friedhöfe Oasen der Stille, Rückzugsorte inmitten städtischen Trubels.

Mitunter geht es aber nicht weniger lebhaft zu. Alte Bäume, Hecken, Sträucher, Mauerritzen, Licht und Schatten, Grünpflanzen und Blüten bieten Lebensraum für viele Arten kleiner Säugetiere, Vögel und Insekten. Die Naturschutzverbände Nabu und BUND beschreiben dies ausführlich. Für Vogelführungen im Frühling und Fledermauserkundungen im Sommer sind Friedhöfe keine außergewöhnlichen Orte.

Vielerorts ist der Trend zu beobachten, einen Teil oder sogar die gesamte Grabfläche mit Vlies abzudecken und Kiesschichten aufzubringen, eine vermeintliche Abwägung zwischen gepflegtem Aussehen und geringem Zeitbudget für die Grabpflege. Ähnlich wie Schottergärten sind solche Grabstätten lebensfeindlich, sehr heiß, sehr kalt, sehr trocken, ohne Nahrung. Durch Laub- und Erdeintrag bleiben sie auch nicht ewig frei von Wildkräutern. Die Generalisten unter ihnen wachsen durch das Vlies hindurch oder kommen mit den geringen Mengen an Substrat aus, um darin zu keimen und zu wurzeln. Da die Steinschüttungen bei hohen Temperaturen zu kleinen Hitzeinseln werden, müssen die angrenzenden Bepflanzungen sogar häufiger gegossen werden, als bei Gräbern ohne Kiesanteil.

Bodendeckende Pflanzenarten, z.B. kriechender Cotoneaster, kleines Immergrün oder Efeu, erfordern nur im ersten und vielleicht zweiten Jahr mehr Aufwand. Bis sie den Boden ganz bedecken und das Aufwachsen von unerwünschtem Wildkraut unterdrücken, können die Lücken mit Zwiebelgewächsen, wie Schneeglöckchen, Krokussen oder Traubenhyazinten versehen werden. Deren Blüten ziehen im Frühling die Blicke und die Insekten an sich. Da fällt ein nicht so schönes Wildkraut - anders als auf dem Kies - doch gar nicht auf.

Wer vor der Entscheidung steht, ein Grab herzurichten, kann zur Vielfalt beitragen. Mit einer Auswahl von heimischen Pflanzen erhält unsere daran angepasste Tierwelt ihre Nahrung. Eine Zusammenstellung von früh-, mittel- und spätblühenden und fruchttragenden Arten garantiert, dass etwas Blühendes, Buntes und Nahrhaftes bei jedem Besuch vorzufinden ist zur Freude von Mensch und Tier. Dies können z.B. verschiedene Rosen, umgeben von Lungenkraut und Frauenmantel sein. Das Lungenkraut blüht schon im März und lockt die ersten Hummeln an. Die mit hellen Punkten gesprenkelten Blätter entfalten sich wenig später, schmücken in der Zeit, bis die erste Rose erblüht. An Sorten, die wenig Füllblätter haben und dicke Hagebutten ausbilden, können sich Hummeln, Bienen und Vögel bedienen, Leben, das ganze Jahr über.